Das Jahr 2025 war, gelinde gesagt, chaotisch. In der Realität mussten wir die Wahl eines Papstes aus Chicago verdauen, den Beginn einer spaltenden US-Präsidentschaft miterleben und dabei zusehen, wie ein Popstar ins Weltall flog. Während die Nachrichten fast täglich Geschichte schrieben, suchten wir Zuflucht auf den Bildschirmen. Doch wer nun dachte, in den fiktionalen Welten ginge es ruhiger zu, der irrte gewaltig. Das Fernsehjahr bot eine ganz eigene, fast therapeutische Art von Wahnsinn. Es war laut, politisch und bisweilen wunderbar absurd.
Der Hoff in Görlitz: Ein surrealer Auftakt
Nichts illustriert die Skurrilität dieses Fernsehjahres besser als eine Produktion, die wirkt, als hätten die Macher von „Dogs of Berlin“ nach dem kollektiven Genuss illegaler Substanzen beschlossen, eine Satire über den deutschen Kulturbetrieb zu drehen. In „Ze Network“ sehen wir David Hasselhoff, der sich selbst spielt und blutüberströmt im Hotelflur steht, nachdem er versehentlich die Influencerin Andra Shandra in die Luft gesprengt hat. Sein Gegenüber: Henry Hübchen, ebenfalls als er selbst, der unter dicken Kopfhörern Rap hört und Pommes auf dem Hotelbett isst. Was wie ein Fiebertraum klingt, ist tatsächlich eine Serie, die in Görlitz spielt. Hier soll der einstige „Knight Rider“-Star in einem ambitionierten Theaterstück auftreten, um endlich als ernsthafter Schauspieler wahrgenommen zu werden.
Zwischen Stasi-Vergangenheit und Selbstironie
Die Handlung von „Ze Network“ stürzt sich kopfüber in Absurditäten. Hübchen entpuppt sich als ehemaliger Agent eines DDR-Geheimdienstes, der westliche Kulturprominenz rekrutierte. Hasselhoff stolpert derweil völlig verdattert durch ein Szenario aus Verschwörungen und Vendettas, als sei er im falschen Film gelandet – und genau das macht den Reiz aus. Es ist eine Meta-Serie, die den Kult um „The Hoff“ dekonstruiert. Wenn er mechanisch davon spricht, ein „Symbol für Freiheit“ zu sein, oder von Tagträumen geplagt wird, die alle für einen Alkoholrückfall halten, ist das bitter und komisch zugleich. Dass er am Ende mit seinen Sekundenschlafvisionen die Mission rettet, ist ein wundervoller Kommentar zu seiner Karriere, die hierzulande immer zwischen Belächeln und Verehrung schwankte.
Die Rückkehr der großen Dramen
Doch abseits der sächsischen Provinz bot 2025 auch Fernsehen von gravierender Schwere und Qualität. Ganz oben auf der Liste steht zweifellos „The Pitt“ auf HBO Max. Noah Wyle kehrt hier in den Kittel zurück und lieferte als geplagter Notarzt in Pittsburgh eine Performance ab, die Zuschauer und Kritiker gleichermaßen umgehauen hat. Ähnlich düster ging es in „Task“ zu, wo „Mare of Easttown“-Schöpfer Brad Ingelsby uns zurück in die Arbeitervorstädte Philadelphias führte. Mark Ruffalo glänzt darin als traumatisierter FBI-Agent, der eine Reihe von Überfällen auf Drogenhöhlen untersucht. Es ist eine süchtig machende Erzählung über zwei Seiten derselben Stadt, die tiefgründige Fragen über familiäre Schuld aufwirft.
Britische Härte und nordischer Charme
Aus Großbritannien erreichte uns mit „Adolescence“ ein beklemmendes Highlight. Die vierteilige Netflix-Serie, gedreht in hypnotischen Plansequenzen, thematisiert die brutale Tat eines Mittelschülers und die Gefahren toxischer Online-Männlichkeit. Es ist schwere Kost, die wichtige Debatten anstieß. Einen völlig anderen Ton schlug dagegen „North of North“ an. Die Komödie über eine junge Mutter in einem arktischen Dorf, die ihre eigene Identität sucht, ging im Frühjahr fast unter, verdient aber jede Aufmerksamkeit. Anna Lambe spielt die Hauptrolle mit einer magnetischen Ausstrahlung, die das Publikum sofort für sich einnimmt.
Geschichte neu interpretiert
Auffällig war in diesem Jahr zudem der Trend, Geschichte neu und durchaus eigenwillig zu erzählen. Ken Burns lieferte mit „The American Revolution“ pünktlich vor dem 250. Jubiläum der USA eine ungeschönte, zwölfstündige Dokumentation ab, die keine Komplexität scheut. Auf der fiktionalen Seite brillierte Netflix mit „Death By Lightning“. Die Serie über die Ermordung von Präsident James Garfield ist ein historischer Ritt voller Witz, getragen von einem grandiosen Michael Shannon und Matthew MacFadyen. Und wer hätte gedacht, dass „Andor“ auf Disney+ auch in der neuen Staffel beweist, dass „Star Wars“ ohne Kitsch und Spielzeug-Marketing die vielleicht beste politische Parabel der Gegenwart sein kann?
Humor als letzte Rettung
Wenn einem der reale Wahnsinn von 2025 dann doch zu viel wurde, half oft nur noch Lachen. Sei es bei „Overcompensating“, wo der Übergang vom Teenager zum Erwachsenen herrlich peinlich seziert wird, oder beim charmanten „Boots“, dem letzten Werk des legendären Norman Lear. Den Vogel schoss jedoch „Taskmaster“ ab. Das britische Format, in dem Comedians absurde Aufgaben lösen müssen – vom Bemalen von Schaufensterpuppen bis zu lebensgroßen Brettspielen –, hat endlich auch den globalen Durchbruch geschafft. Es ist diese Mischung aus völliger Banalität und kreativem Chaos, die genau die kathartischen Lacher lieferte, die wir in diesem Jahr so dringend nötig hatten.